Ich hatte ab Ende 2007 einen stationären Aufenthalt in der Parkland Klinik. Zu dem Zeitpunkt war ich sehr depressiv, hatte Panikattacken , konnte nur mit Schlafmitteln ein wenig Schlaf finden und konnte mein Leben nicht mehr bewältigen. Ich fühlte, ich war “Am Ende angekommen”. Dabei hatte ich viel erreicht zu dem Zeitpunkt, bis ich jedoch mal wieder vor unüberwindbaren Problemen in Beziehung und Job stand. Mit ambulanter Hilfe erkannte ich, dass die Umstände an mir lagen und nicht, wie ich bisher immer dachte, an den anderen oder am Schicksaal.
In der Klinik kam ich erstmal zur Ruhe, lernte Entspannungstechniken und musste bald feststellen, dass ich nicht der war, der ich dachte - insbesondere dank Musik- und Gruppentherapie. Hier bin ich “nackt” wahrgenommen worden, ohne Leistungen oder Statussymbole. Authentizität war mir bis dato ein Fremdwort. Mein großes Selbstbewusstsein war nur gespielt und meine Konfliktstrategien waren die eines Kindes. Mein Motor war die Sucht nach Anerkennung. Aber es ging noch viel tiefer. Nach 3 Wochen „zuhören“ in meiner Gruppe kamen plötzlich verleugnete bzw. zugedeckte Kindheitstraumata in mir hoch und die schwierigste Phase meiner Therapie begann. Die Erkenntnisse über mein inneres „Ich“ und wie es meine aktuellen Dynamiken beeinflusst, war eine schmerzvolle, tränenreiche aber lebensnotwendige Erfahrung.
Jetzt erst, 1 Jahr später, ist mir bewusst, was all das tatsächlich gebracht hat.
Wieder bin ich in einer schwierigen Lebenssituation, aber heute ist alles anders. Ich habe trotz allem einen normalen Schlaf ohne Schlaf- oder Beruhigungsmittel. Panikgedanken, ich könnte die Situation nicht meistern, sind nur noch leise, fühlen sich weit entfernt an und sind schnell wieder verschwunden.
Früher haben mich solche negativen Gedanken 24h beherrscht, gelähmt und in ein schwarzes, krankmachendes Loch fallen lassen. Heute habe ich großes Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten. Ich bin zielorientiert und nicht mehr angstmotiviert. Aber auch “Kleinigkeiten” haben sich überraschend “nebenbei” geändert. Früher hatte ich Panikattacken in engen Aufzügen oder beim Fliegen. Heute fliege ich entspannt und nehme wieder den Aufzug statt Treppe.
In zwischenmenschlichen Beziehungen werde ich als authentischer und tiefgründiger wahrgenommen und auch meine Wahrnehmung hat ein neues, viel wacheres Niveau erreicht. Leider habe ich in Partnerschaften immer noch kurze Phasen in denen ich meinen Partner so behandele, dass ich als Antwort eine Reaktion bekomme, mit der ich mein Kindheitstrauma noch mal durchleben darf. Im nachhinein erkenne ich diese Dynamik zwar, aber ärgerlicherweise ist meine neue “Wachheit” noch nicht bei 100% bzw. manche Muster sind wohl zu tief eingeschliffen. Gut ist jedoch, dass diese Konfliktdynamik in abgeschwächterer Form in Vergleich zu früher auftritt.
Alles in allem habe ich jedoch in einem enormen Ausmaß vom Aufenthalt in der Parklandklinik profitiert. Ich kann jetzt auch gut allein sein und kann Stille ertragen - ich genieße sie sogar.
Ich bin sehr dankbar, dass man mich überzeugt hat, meinen Aufenthalt zu verlängern. Denn dieser eingeschlagene Weg, auf den ich gebracht wurde, lag noch Monate nach dem Klinikaufenthalt in einem leichten Nebel. Wäre ich nur 4 statt 8 Wochen begleitet worden, wäre ich von diesem Weg wahrscheinlich wieder abgekommen.
Ich habe auch während der Therapie Mitpatienten erlebt, die sich regelrecht geweigert haben, diesen Weg der Selbstfindung oder “Erleuchtung” zu gehen. Auch bei mir hat es gedauert und zuerst wollte ich mich mir nicht stellen, wollte weiter verdrängen, oder dachte ich könnte ein Therapieprogramm “abarbeiten”.
Schade ist, wenn manche Patienten diese innere Ablehnung auf Mitpatienten oder die Klinik projezieren und mehr nörgeln, statt in sich zu gehen.
Ich war mit meinem Aufenthalt in allen Belangen sehr zufrieden. Ich hatte engagierte, empathische und geduldige Therapeuten. Ich war mit Essen, Sauberkeit und Organisation der Klinik zufrieden.
Ein einziger Kritikpunkt ist, dass man mir nie eine Art Diagnose genannt hat. Wenn, dann hieß es “sehr depressiv”. Heute mit klarerem Blick, würde ich jedoch sagen, dass meine Strategie das Leben zu bewältigen bis zu der Therapie absolut destruktiv war. Meine Wahrnehmung ließ mich zu oft kindisch - eingeschnappt reagieren. Aus heutiger Sicht erscheint es mir wie ein Wunder, dass ich trotz der Erschöpfung aufgrund des enormen damaligen Energie- und Nervenaufwands noch Beruf und Alltag bewältigen konnte. Die Tablette, die ich damals eingenommen hatte, um einigermaßen zur Ruhe zu kommen, haut mich heute 2 Tage lang so um, als wäre es ein Betäubungsmittel für Elefanten. Ausnahmslos alle meine Beziehungen waren hochdramatisch, am Ende mit psychischer und physischer Gewalt von beiden Seiten. Immer waren beidseitige starke Abhängigkeitsgefühle vorhanden und das Beziehungsleben hat auch alle anderen Lebensbereiche beeinflusst. In allen Lebensabschnitten wiederkehrende ernste Suizidgedanken auch in beziehungslosen Zeiten, klingt für mich heute ziemlich ernst. Um es deutlich zu sagen: ich fühle mich heute zu 90% geheilt. Nur gern würde ich wissen wovon. !?
Ich habe heute ruhige, glückliche und tiefgründige zwischenmenschliche Beziehungen. Dort, wo früher große Unruhe wegen einer Art Leere in mir war, ist heute Gelassenheit und zunehmend wachsender Selbstwert. Wenn es so etwas wie Authentizitätstests gäbe, ich würde ihn jetzt bestehen. (um es abzukürzen, denn ich könnte ein Buch füllen über das, was sich alles positiv bei mir verändert hat)
Ansonsten war die Therapie in der Parkland Klinik die beste Erfahrung meines Lebens.
Ich wünschte, ich wäre früher im Leben an den Punkt gekommen, der mich letztendlich dorthin geführt hat. Dieser Wunsch trübt dennoch nicht meine große Dankbarkeit für mein ein neues besseres Leben.
Zi.420 Nov07 bis Jan08
2 Kommentare
Sehr geehrter Eisi9,
es ist schade, dass Sie mit der Behandlung Ihrer Frau nicht im gewünschten Umfang zufrieden waren. Gerne würden wir den Fall näher untersuchen, jedoch tun wir uns ohne Ihren oder den Namen Ihrer Frau schwer, genauer auf Ihre Kritik einzugehen.
Wir möchten aber auch unsere Sichtweise wiedergeben:
Zunächst wäre es schön gewesen, wenn Sie direkt vor Ort auf uns zugekommen wären und wir in einem kollegialen Austausch, aus Ihrem Schreiben geht hervor dass Sie Arzt sind, unsere Standpunkte diskutiert hätten.
Die Wartezeiten für eine psychosomatische Rehabilitation sind in Deutschland aktuell sehr hoch – teilweise in einzelnen Kliniken bis zu einem Jahr. Um diese Wartezeit zu verringern wird einzelnen Patientinnen und Patienten die Möglichkeit angeboten, kurzfristig anzureisen, sollte ein Behandlungsplatz frei werden. Die Wahl des Aufnahmezeitpunkts kann grundsätzlich frei besprochen werden, allerdings schränken die Krankenkasse eine freie Wählbarkeit dann ein, wenn sie den Rentenversicherungen signalisieren, dass sie im Rahmen eines Eilverfahrens eine schnellstmögliche Aufnahme wünschen. Eine kurzfristige Aufnahme ist daher in beiderseitigem Einvernehmen zu Verkürzung der Wartezeit getroffen worden oder von der zuständigen Krankenkasse initiiert.
Beim Thema Alkohol während des Rehabilitationsaufenthaltes ist sensibel zu behandeln. Pat. in einer psychosomatischen Klinik haben häufiger negative Erfahrungen mit Alkohol, wie einen alkoholkranken Vater. Der Genuss von Alkohol durch Mitpatienten kann daher sehr aversiv wahrgenommen werden und die Therapie behindern. Daher führen wir zufällige Alkoholkontrollen durch – jedoch wecken wir hierfür keine Patientinnen und Patienten auf.
Eine Unterbringung von Begleitpersonen ist bei uns grundsätzlich möglich, sofern diese medizinisch bzw. therapeutisch notwendig ist. Jedoch muss diese mit dem behandelnden Arzt abgestimmt wer-den. Denn nicht immer ist eine Begleitperson für den Behandlungserfolg förderlich.
Wir wünschen Ihnen und vor allem Ihrer Frau weiterhin alles Gute.
Ihr Parkland-Team