Wegen Stressinkontinenz sollte ich auf Empfehlung in der urologischen Klinik der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz operiert werden.
Ich bekam schriftlich einen Termin zur stationären Aufnahme mitgeteilt. Nach den erforderlichen Untersuchungen sollte im Zuge des stationären Aufenthalts die OP im Anschluss durchgeführt werden.
Nach meiner Ankunft um 7.30 h auf der Station begann ich meinen Rundgang mit Abwicklung der Aufnahmeformalitäten und der erforderlichen Untersuchungen.
Um 13.30 kam ich mit den aus verschiedenen Untersuchungen und Gesprächen erworbenen Ergebnissen zurück auf die Station, um zu erfahren, dass alle Neuzugänge an diesem Tag wegen Änderungen im OP-Plan aufgrund diverser Notfälle vorerst nach Hause geschickt werden müssten. Ich sollte telefonisch über einen neuen Termin benachrichtigt werden. Eine noch nicht erfolgte Untersuchung könne man dann auch noch direkt vor der OP durchführen.
Der neue Termin wurde mir für vier Wochen später zugesagt.
Auch an diesem Tag (dienstags) erschien ich pünktlich um 7.30 h auf der Station und wurde mit anderen Neuzugängen im Aufenthaltsraum "geparkt". Bis 12 h kümmerte sich niemand um mich, dann wurde mir lediglich Blut abgenommen, da alle anderen Untersuchungsergebnisse noch aktuell seien. Mir wurde ein Zimmer zugeteilt , ich bekam sogar ein Mittagessen und wartete auf die noch ausstehende Untersuchung. Um 15.10 h wurde ich in die Poliklinik geschickt, wo man mir sagte, es sei kein Arzt aufzufinden, ich solle zurück auf Station gehen und auf einen Anruf warten. Allerdings schließe die Poliklinik um 16 h.
Bis 18 h ließ sich kein Arzt blicken, die Pfleger und Schwestern hatten keinerlei Informationen und im Aufenthaltsraum saßen immer noch neue Patienten, um die sich noch niemand gekümmert hatte.
Um 18.00 bekam ich die Mitteilung, dass der Stationsarzt die Untersuchung nun doch noch durchführe, was auch geschah. Allerdings sagte er, dass er noch nicht wüsste, ob ich dann auch morgen operiert werden könne. Um 18.30 h kam er zu mir auf die Station und teilte mir mit, dass ich "nochmal ein paar Tage nach Hause" gehen könne, vermutlich würde ich am folgenden Montag operiert und sollte dazu am Sonntag Abend zuvor um ca. 18 h wieder erscheinen.
Freitags rief ich mehrmals auf der Station an, bis ich einen Arzt ans Telefon bekam, der mir mitteilte, man könne die Operation für Montag nur zu 20 % zusagen und es sei besser, ich käme dann erst am Dienstag Abend, um mittwochs operiert zu werden. Nach nochmaligem Anruf am Dienstag Vormittag wurde mir dies bestätigt, und - oh Wunder - ich wurde tatsächlich Dienstag Abend aufgenommen, erhielt noch ein mehr oder weniger aufschlussreiches Aufklärungsgespräch durch einen jungen Assistenzarzt und wurde mittwochs operiert. Mein angeblicher Operateur blieb für mich ein Phantom. Ich habe diesen Mann nie gesehen oder gesprochen.
Dass ich mich mit diesem Verlauf glücklich schätzen kann, erfuhr ich erst im Verlauf meines stationären Aufenthalts. Es ist in dieser Klinik gang und gäbe, Patienten mehrfach früh morgens einzubestellen, mindestens einen halben Tag zu ignorieren und wieder nach Hause zu schicken. Dieser Vorgang scheint Voraussetzung für die Durchführung einer OP zu sein. Die andere Variante, die ich erlebte, ist die, dass Patienten mehrere Tage (!) stationär aufgenommen und dann unverrichteter Dinge wieder nach Hause geschickt wurden oder zumindest während ihres Aufenthaltes über mehrere Tage vertröstet wurden, bis die OP tatsächlich stattfand.Meine Zimmernachbarin musste sogar nüchtern bis nachmittags um 15 h ausharren, um dann zu erfahren, dass die OP an diesem Tag nicht mehr stattfinden könne.
Wie man sich denken kann, ist dies eine erhebliche psychische Belastung für die Patienten, die sicherlich nicht zum positiven Verlauf beiträgt.
Entsprechend kurz gestalteten sich die Arztgespräche nach der OP. Auf die Frage, was bei OP nun tatsächlich gemacht wurde, kam während der Visite kurz die Auskunft "Alles wie besprochen". Zu erwartender Verlauf der Genesung bzw. eventuelle Komplikationen, auf die zu achten wäre, wurden überhaupt nicht erklärt. Außerhalb der Visite (die "Nachmittagsvisite" findet meistens abends zwischen 19 und 20 h statt!) ist kaum ein Arzt aufzutreiben. Auch das Pflegepersonal hat angeblich dieses Problem und kann aus diesem Grund auch oft nicht ordentlich weiterarbeiten, d. h. erforderliche Medikamente verabreichen, Katheter entfernen o. ä.
Ebenfalls chaotisch gestaltete sich der Entlassungstag. Abends um 20 h fand sich ein Arzt, der mir den letzten Schlauch aus dem Bauch entfernen konnte und mir anbot, noch über Nacht zu bleiben, auf Wunsch aber auch noch sofort zu gehen. In Anbetracht der bisherigen nicht vorhandenen Organisation rief ich meine Familie an und verließ am selben Abend noch um 21.30 fast fluchtartig die Klinik, um nicht noch einen unnötigen Tag dort verbringen zu müssen.
Dieser unzumutbare Zustand des Umgangs mit Patienten gründet sich angeblich auf zuviele Notfälle und zuwenig Personal.
Auch wenn die Urologie der Uniklinik Mainz medizinisch einen sehr guten Ruf genießt, kann man eigentlich niemanden empfehlen, sich dort behandeln zu lassen, es sei denn, er hat sehr starke Nerven und unendlich viel Zeit sowie keine Familie und keinen Arbeitgeber, der auf ihn angewiesen ist.
Unter diesen Gesichtspunkten ist es eigentlich eher nebensächlich, dass die Zimmer keine Dusche haben, das Essen eher mäßig schmeckt und sehr knapp bemessen ist und Besucher im Patientenbad zur Toilette gehen, weil auf diesem Stockwerke keine Besuchertoilette vorhanden ist.
Ob die operative Behandlung wenigstens erfolgreich war, kann ich jetzt noch nicht beurteilen. Die Rekonvaleszenz dauert jedenfalls bereits erheblich länger, als man mir in Aussicht gestellt hatte.
2 Kommentare
Leider kann ich dieses nicht unterstützen. Man wird hier nicht richtig behandelt, noch wird auf den Patienten eingegangen. Das Essen ist nicht zu genießen. Die Ärzte sind sehr kurz angebunden, fragen kann man nicht stellen, weil, dann die Behandlung auf den nächsten Kollegen geschoben wird. Es fühlt sich kein Arzt für einen zu ständig. Man wird nur vertröstet. Das Pflegeteam ist auch nicht gerade freundlich, man traut sich echt nicht zu fragen, wenn man etwas wissen möchte.
Mir wurde die Klinik empfohlen, aber ich bin sehr enttäuscht