Im März 2009 wurde meine Mutter wegen Wasseransammlungen im Körper ins KH eingewiesen. In der Patientenaufnahme wurde gesagt, dass eine sofortige Einschleusung in die Dialyse notwendig sei. Wir wurden von diversen Ärzten 5 Stunden lang massiv bearbeitet. Meine Mutter lehnte strikt ab. In diesen 5 Stunden lag meine Mutter in Unterwäsche auf der Untersuchungsliege. Nach mehrmaligen Nachfragen gab es dann endlich mal ein Handtuch!!! zum zudecken.
Eine Woche lang wurden Medikamenten zum Entwässern gegeben. Obwohl sie Vorhofflimmern hatte, wurden die Herzmedikamente abgesetzt. Begründung hierfür war: Da meine Mutter die Dialyse ablehnte, könnten keine Medikamente mehr gegeben werden, die die Niere schädigen. Dafür wurde an Antibiotika nicht gespart, als eine Lungenentzündung dazu kam. Der Oberarzt war zu diesem Zeitpunkt leider in Urlaub und die Assistenzärzte waren ein Albtraum. Unfreundlich und unfähig. Halbgötter in weiß ohne Doktortitel. Irgendwann wurde meine Mutter weichgekocht mit den Argumenten, dass sie ohne Dialyse keine Chance mehr hat und sie stimmte zu.
Die Dialyse lief anfangs gut, meiner Mutter ging es besser. Nach insgesamt 3 Wochen wurde sie entlassen. Sie fuhr 3 x die Woche ambulant zur Dialyse ins Krankenhaus.
Nach einer knappen Woche bekam sie nachts sehr schlecht Luft und hatte Schmerzen im Brustkorb. Der Notarzt tippte auf Herzinfarkt und wies sie wieder ins Krankenhaus ein. Kein Herzinfarkt – wieder Lungenentzündung. Und wieder jede Menge Antibiotika, aber ihr ging es nach 1 Woche besser. Dann kamen Magenblutungen. Da sie Marcumarpatient war, ist dies nicht ohne. Also 1 Woche Intensivstation, Blutübertragungen etc. Auch dies überstand sie gut. Kurz bevor sie entlassen werden sollte, klingelte eines Nachts um 4 Uhr morgens mein Telefon. Der Arzt sagte mir, dass meine Mutter einen Herzstillstand erlitten hätte. Sie sei reanimiert worden und liege nun auf der Intensivstation im künstlichen Koma. Das Kammerflimmern, das den Herzstillstand ausgelöst hatte, wäre wahrscheinlich durch eine Elektrolytmangel entstanden, da die Kaliumwerte sehr niedrig waren. Dialysepatient und hoher Blutverlust. Dies wäre vermeidbar gewesen. Am nächsten Tag wurde uns gesagt, dass man nicht weiß, wie lange sie ohne Sauerstoff war und man erst nach dem Aufwachen aus dem künstlichen Koma abwarten muss, welche Gehirnschäden entstanden sind. Nach endlosen Tagen stellte sich heraus, dass keinerlei Schäden da waren, nicht mal das Kurzzeitgedächtnis hatte darunter gelitten.
Die folgenden Wochen kürze ich etwas ab. Warten auf Herzkatheteruntersuchung (wegen vorhergehender Magenblutungen nicht möglich), weil dabei blutverdünnende Medikamente verabreicht werden müssen. Gefäßverletzung bei Untersuchung. Nachher wurde uns die Möglichkeit der Implantation eines Defi erläutert. Meine Mama stimmte zu, schließlich ist es ein Stück Lebensqualität nicht immer in Angst „vorm nächsten Mal“ leben zu müssen. Zweimal hat man nicht das Glück, dies ohne Schäden zu überleben. Eine Woche Warten auf OP-Termin. Einen Tag vor der geplanten OP rief mich meine Mutter an und sagte mir, dass ihr OP-Termin abgesagt wurde, weil die Ärzte nochmal mit den Angehörigen sprechen möchten. Eine Assistenzärztin fragte mich, ob es denn sinnvoll wäre, den Defi wirklich zu implantieren, da meine Mutter ja schon 80 Jahre alt sei. Ich war sprachlos. Die Möglichkeit wurde uns ja von den Ärzten dargereicht.
Zusammenfassend: 80 Jahre alt. Geistig fit und voller Pläne. Dialyse ja (Originalzitat eines Arztes: Sie kann noch schöne Jahre damit haben) – Defi nein (warum eigentlich?) Naja, ich konnte es durchsetzen, dass die OP an nächsten Tag wie geplant statt fand.
Als meine Mutter aus dem OP kam, war sie guter Dinge und erzählte, dass sie den Eingriff ohne Narkose über sich ergehen lassen hat. Plötzlich kippte sie nach vorne, die Augen geöffnet aber sie reagierte nicht mehr. Eine herbeigeholte Ärztin meinte, dass sie wohl von der Narkose müde sei!!!!! Ja klar, erstens hatte sie keine und wenn doch, dann schläft sie mit offenen Augen. Ein Arzt nach dem anderen lief herbei. Als der Kreislauf zusammen brach, hetzten sie mit ihr wieder mal auf die Intensivstation. Nach langem Warten erfuhren wir, dass bei dem Eingriff eine Verletzung am Herz entstanden und 1 Liter Blut im Herz war. Es wurde eine Drainage gelegt, damit das Blut abfließen kann. Wieder Blutübertragungen.
Nach 8 Wochen wurde meine Mutter entlassen, schwach aber immer noch voller Optimismus und Pläne.
Am nächsten Tag fuhr sie zur ambulanten Dialyse und bekam dabei einen Krampfanfall. Sie musste wieder im Krankenhaus bleiben. An diesem Tag resignierte meine Mutter. Es kam volles Programm. EEG und CT vom Kopf. Tabletten gegen Krampfanfälle und ein Medikament zur Beruhigung (aus der Wirkstoffgruppe von Valium). Innerhalb einer Woche wurde aus meiner Mutter ein halber Pflegefall. Sie fiel ein paar Mal aus dem Bett, wurde dafür geschimpft (obwohl sie aufgrund der Medikamente nichts dafür konnte) und mit Gittern in ihr Bett gesperrt. Eine Woche lang mussten wir den Ärzten hinterher laufen, bis wir die Untersuchungsergebnisse erfuhren. Knappe Antwort: „Da ist nichts dabei rausgekommen.“ Toll, aber sie wurde mit Medikamenten ruhig gestellt, damit man keine Arbeit bei der Dialyse mit ihr hatte. Originalzitat: „Wir müssen die Medikamente geben, weil die Schwestern bei der Dialyse schon Angst haben wenn sie Ihre Mutter zur Dialyse anschließen müssen. Das kann man ihnen nicht zumuten.„ Meiner Mutter konnte man es schon zumuten, dass sie vollgepumpt war und nicht mehr wusste, ob Tag oder Nacht ist. Nur damit 3 x die Woche für 10 Minuten nichts bei der Dialyse passiert. Es war bei mehreren Gesprächen nicht möglich, eine vernünftige Lösung zu finden. Meine Mutter war zu dem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage sich zu wehren, sie war ja zugedröhnt. Dies war wohl auch der Grund, warum an 5 aufeinander folgenden Tagen !!! kein Arzt zu ihr ins Zimmer kam. Wir holten sie nach 2 Wochen nach Hause.
Wir sahen uns gezwungen, meine Mutter dort aus der Dialyse zu nehmen.
Sie fuhr nach langen Überlegungen zur Dialyse nach Landau. Dort zeigte man uns Möglichkeiten auf, von denen wir keine Ahnung hatten (Bauchfelldialyse etc.). Wir entschieden, erst mal die verschiedenen Maschinen zu versuchen, die sehr schonend sind. Obwohl sie keine Medikamente gegen Krampfanfälle und zur Beruhigung mehr nahm, kam es nie mehr zu einem Zwischenfall. Es ging ihr immer gut dabei und sie war wieder voller Lebensfreude.
Auch wenn in einem Klinikalltag ein Einzelschicksal vielleicht nicht mehr wichtig ist, so sollte nicht vergessen werden, dass es sich um Menschen handelt, die krank und verunsichert sind und die Angehörigen sich Sorgen machen. Es werden nur noch Fallpauschalen behandelt. Armes Deutschland und arme Kranke.
Objektive Beurteilung:
Stationen (Schwestern und Pfleger):
Station 26: Mangelhaft – ein Albtraum (2 positive Ausnahmen gab es)
Station 21: Zufriedenstellend
Station 22? (Intensivstation): Gut
Ärzte:
Assistenzärzte (die in diesem Fall behandelt haben): 80 % Mangelhaft - unfreundlich, unfähig und arrogant
Oberärzte (die in diesem Fall behandelt haben): Zufriedenstellend bis Gut
Positive Ausnahme: OA der Intensivstation Dr. Glanzer – es wäre wünschenswert, dass es mehr solcher Ärzte gäbe
Man kann nicht nur Negatives schreiben. Es gab auch Assistenzärzte und einzelne Schwestern und Pfleger, die sehr bemüht und freundlich zu meiner Mutter waren.
Mein Tipp für Angehörige:
Scheuen Sie sich nicht nachzufragen. Auch wenn das Personal das nicht gerne sieht. Es geht um Sie und um Ihre Angehörigen. SIE SIND DER KUNDE und alle Angestellten, egal ob Ärzte oder Schwestern/Pfleger sind nichts anderes als Dienstleister am Patienten – keine Halbgötter!
Holen Sie immer eine zweite Meinung ein.
Informieren Sie sich über die Krankheiten und Medikamente. Im Internet gibt es seriöse Quellen.
Nehmen Sie es in Kauf, auch mal einen Arzt oder eine Klinik aufzusuchen, die nicht am nächsten liegen.
1 Kommentar
Vielen Dank und viele Grüße Jürgen Stern