Nach sehr guter Therapie in Psychiatrie und Tagesklinik bin ich motiviert in die sechswöchige Reha-Maßnahme der Hainberg-Klinik aufgebrochen. Leider verschlechterte sich mein Gesundheitszustand dort drastisch, anstatt sich zu verbessern.
Sommer 2009
Pro:
Zimmer sind in Ordnung, Personal ist sehr nett.
Kontra:
Im Speisesaal ist es zu jeder Tageszeit drückend heiß, da keine Klimaanlage vorhanden ist. Das Essen wird so zur Strapaze. Das Essen an sich ist entweder fade oder versalzen und die Portionen sind zu klein. Abends immer Brot und kalter Tee. Zur Nordseite gewandte Zimmer bekommen täglich den Gestank der Mülleimer vor dem Speisesaal hineingeweht.
Die Fernsehantenne wird um ca. 23 Uhr ausgeschaltet. Keine Rauchmöglichkeit im Haus; Ausgang ab 22.30 Uhr nicht mehr möglich. Keinerlei Möglichkeit, Getränke zu kühlen. Jeden Morgen um halb neun Gruppenvisite, auch an den Wochenenden, kein Ausschlafen möglich.
Das Mitbringen von eigenen Speisen und Getränken ist lt. Therapeut/in untersagt, da der Klinik das gesundheitliche Wohl und somit auch die Verantwortung über die Ernährung und deren evtl. Gefahren obliegt. Jedoch sind in der Freizeit Ausflüge in die Stadt erlaubt und die hausinterne Cafeteria nur unzulänglich geöffnet, was sich meiner Meinung nach widerspricht.
Die Therapiepläne sind so brechend voll, dass der Tagesablauf in Stress ausartet. Bis zu drei Mal tägliches Duschen ist notwendig, um halbwegs frisch von einer Therapie zur nächsten zu hetzen. Tatsächliche Gesprächstherapien finden ein mal in der Woche statt, ansonsten nur Sport.
Man wird mit Fragebögen zugemüllt (bei mir waren es 5 Stück), in denen immer die gleichen Dinge gefragt werden. Immer wieder die Frage nach Name, Alter, Geschlecht, Beruf, vorherige behandelnde Ärzte. Als ob die das nicht schon wüssten? Und sehr nette Fragen nach Einkommen und danach, wer der Hauptverdiener im Haushalt ist. Was geht die das an?
Nach eingehender Anamnese und den erwähnten Fragebögen sowie einem „Vorstellungsgespräch“, in dem die eigenen Ziele definiert werden sollen, wird der Eindruck einer individuellen Therapie erweckt. Dieser Eindruck wird nicht bestätigt. Ich habe fünf oder sechs Ziele genannt, und nicht auf ein einziges wurde eingegangen, auch auf Nachfrage nicht.
Die für mich zuständige Therapeutin ging zwei Wochen in Urlaub und ihre Vertretung war kein Therapeut, sondern „nur“ ein Arzt – dementsprechend war auch das Ergebnis der Gespräche, nämlich gleich Null. Dieser Arzt sagte mir auch, dass die Dosis meiner Medikation nicht im wirkungsvollen Bereich liegen würde, hat aber weder eine Erhöhung noch Verminderung angeordnet.
Bei einem Notfall kam die diensthabende Schwester erst nach 15 Minuten in mein Zimmer, weil sie sich verlaufen hatte. Mir ging es sehr schlecht und sie sagte nach fünf Minuten nur „Versuchen Sie, Mittagessen zu gehen!“
Ungleichbehandlung der Patienten hinsichtlich Beurlaubung für einen Tag kamen ebenfalls vor. Obwohl die Klinik selbst in ihrem Vorstellungsvortrag sagt, dass jedem Patienten während des Aufenthaltes eine Übernachtung außer Haus zusteht und auch die Rentenversicherung nichts Gegenteiliges verlauten lässt, werden diese Gesuche nach Gutdünken abgelehnt – ohne medizinischen oder therapeutischen Hintergrund. Es werden angebliche „versicherungstechnische Gründe“ vorgeschoben, die es aber nicht gibt.
Auf Individualität wird keinen Wert gelegt. Im Gegenteil – fängt man an, Dinge oder Vorgehensweisen zu hinterfragen, wird man als Störenfried abgestempelt. Diese Klinik erweckt bei mir den Eindruck, als Beschäftigungslager zu fungieren, das davon abgesehen nur Daten für die Rentenversicherung sammelt.
Nach vier Wochen habe ich die Reha abgebrochen, da es mir psychisch immer schlechter ging, ich nachts nicht mehr schlafen konnte, es aber niemanden interessiert hat.
Fazit: Ein einziger Tag in der Tagesklinik hat mir mehr gebracht als der vierwöchige Aufenthalt in der Klinik am Hainberg! Nie wieder!
Wer vor einer Reha noch keine Maßnahmen ergriffen hatte, mag mit diesen „Therapieangeboten“ etwas anfangen können; wer jedoch schon Erfahrungen in diesem Bereich sammeln durfte, dürfte ein Problem mit dieser Einrichtung bekommen.
1 Kommentar
Ich finde es sehr schade, dass sie sich nicht gut aufgehoben fühlten in der Klinik. Im Herbst 2020 war ich selbst in der Klinik und empfand zwar den ersten Tag anstrengend, aber nicht kritikwürdig. So schlimm sind die Termine dann auch wieder nicht gewesen (es waren doch nur Arzt und Therapeut und Bezugsschwester) Zeit um seine Koffer auszupacken hatte man doch nun wirklich, zumal ja noch nichts anderes war, weil man ja bis zum Coronatestergebnis in seinem Zimmer bleiben sollte.
Schade für Sie. Mir hat die Zeit sehr gut getan.
Haben Sie denn das Angebot nach der Visite zum Therapeuten zu gehen für ein kurzes hilfreiches Gespräch nicht genutzt?
Ja, und in Coronazeiten ist leider die Zeit um in Ruhe zu essen und noch zu verweilen wegen der Hygieneauflagen nicht möglich. Kann die Klinik aber nichts dafür.