Ich war mehrmals eine Freundin auf der psychosomatischen Klinik besuchen und ich finde die Zustände dort beschämend. Das ganze scheint unter dem Motto zu stehen: "wie kann ich aus einem Patienten möglichst viel Geld herausholen?" Personalkosten werden über das erträgliche Maß eingespart, auf der Station gibt es nur Krankenschwestern. Ein Therapeut, Psychiater oder Arzt ist nicht anwesend. Angesprochen werden müssen die Schwestern bei einem Problem. Diese haben oft keine Ahnung, spielen das Problem herunter oder sind genervt, wenn eine Frage zu viel kommt. Die Ärzte selbst sind schwer an zu sprechen, wenn man mal einen antrifft. Probleme werden auch da nicht ernst genommen, Nebenwirkungen von Medikamenten als psychosomatisches Problem abgetan, man ist nur ein guter Patient, wenn man sich benimmt, als sei man in einem Jugendferienlager. Bestimmte medizinische Standarduntersuchungen werden erst nach Wochen getätigt. Bei der Visite werden Patienten ignoriert.
Die Krönung ist, dass es pro Woche nur eine persönliche Therapiestunde bei einem Therapeuten gibt, viel zu wenig natürlich, um bei bestimmten psychosomatischen Beschwerden eine Besserung zu erzielen. Mehr Therapiestunden sind offensichtlich zu teuer oder schmälern zu sehr den möglichen Gewinn. Ich weiß, dass das in anderen Kliniken anders läuft (3 Therapiestunden). Mich würde mal interessieren, wie die durchschnittliche Verweildauer pro Bett in dieser Klinik ist, ich wette, die ist höher als in vergleichbaren Kliniken.
In den ersten 2 Wochen nach Einlieferung ist so gut wie nichts passiert.
Die Zustände dort und die Methoden sind in den 80ern stehen geblieben. Die absolute Krönung ist, dass es nicht genug zu Essen für alle Patienten gibt. Es gibt einen Speisesaal, da werden 2 große Schüsseln hingestellt und wenn man zu spät kommt, hat man Pech gehabt. Als meine Freundin einmal 5 Minuten zu spät kam und nichts mehr zu Essen da war, fragte sie eine Schwester nach Essen, weil sie Hunger hatte, diese gab ihr eine Packung Zwieback mit einem seit Monaten abgelaufenem Haltbarkeitsdatum.
Es wundert mich nicht, dass es in keinem Land der Welt so viele Betten in psychosomatischen Kliniken gibt, wie in Deutschland, hier kann offensichtlich jeder Träger machen, was er will und am Menschen vorbei seine Gewinnmaximierung betreiben, die Krankenkassen zahlen ja. Solche Zustände sind beschämend und kosten im Endeffekt das Gesundheitssystem Unsummen. Bleibt noch die Einrichtung: grau, karg, heruntergekommen, spartanisch. Das ganze wirkt eher wie eine Aufbewahrungsanstalt, denn wie ein Ort der Hilfe.
Grundsätzlich bin ich eh gegen diese Total-Hospitalisierung von Menschen und halte auch nichts von diesen Kliniken, da gibt es mittlerweile bessere Ansätze für bestimmte Probleme, aber: wenn ihr in eine Klinik wollt, geht nicht nach Ochsenzoll.
1 Kommentar
Hallo Ravengirl
Ist das ein Wettbewerb, wer auf der Station kranker ist, der bekommt ein Einzelzimmer? Deine Symptome treffen auf 90 % der Patienten auf der Station zu (mich eingeschlossen)und die Therapeuten entscheiden, ob du ein Einzelzimmer brauchst oder nicht. Wenn du akut suizidal gewesen wärest, hätten sie dich gar nicht aufgenommen, dann wärst du auf die Geschlossene gekommen. Vielleicht hatte es schon einen Grund, dass du mit jemandem auf dem Zimmer warst?
Therapie ist nur möglich, wenn du dich ein wenig darauf einlassen kannst und sich nicht die ganze Station um dich drehen muss, sondern wenn du siehst, wie du mit deinem Verhalten auf andere wirkst. Bisher sehe ich ein bockiges Kleinkind, welches seinen Willen nicht bekommt, weil es doch viel schlimmer krank ist als andere..
Ich selbst war schon zu 4 Intervallen dort und werde evtl. noch einmal hingehen. Mir ist nicht wichtig, dass ich betüddelt werde, sondern dass ich lerne, mich auf mich selbst zu konzentrieren. Das geht übrigens auch im 2-Bett-Zimmer..
Das ist Therapie: Harte Arbeit und kein Wellness-Urlaub.
zuckerigel