Ich war drei Wochen lang in dieser Klinik untergebracht, die ich wegen eines recht akuten Problems aufgesucht hatte. Davon verbrachte ich einen Tag auf der geschlossenen "Martin"-Station, den Rest der Zeit auf der Station "Vinzenz".
Der erste Tag, den ich ja auf der geschlossenen Station verbrachte, schadete meiner Psyche mehr als ihr zu nützen. Ich kann selbstverständlich nicht wirklich mitreden, da andere im Gegensatz zu mir wohl bis zu eine Woche dort verbrachten, aber dennoch war es eine Strapaze. Dazu kam noch, dass es für mich keine Möglichkeit gab, meine Probleme zu schildern, weshalb ich ja mitten in der Nacht dort hin gekommen war. Ich konnte dort nicht erkennen, dass die Patienten auf dieser Station Therapiegespräche führen konnten. Eigentlich wurden dort nur die Medikmente ausgegeben.
Ich und meine Eltern (zum Zeitpunkt der Einweisung war ich gerade erst 18 geworden) drängten nach diesem Tag auf eine Verlegung auf die Station Vinzenz, die ich auf Veranlassung einer Tagesklinik zur Diagnose sowieso hätte besuchen sollen. In dieser Hinsicht stellte man sich jedoch zunächst von Seiten des Oberarztes quer. Schließlich jedoch wurde veranlasst, dass ich dort einen Platz bekam.
War ich auf der Martin-Station noch recht zufrieden mit der Freundlichkeit der Pfleger gewesen, so fiel mir doch dort verstärkt auf, dass es Schwestern gab, die mehr oder weniger auf einen hinab blickten und kleine Ärgernisse zum Anlass für eine wüste Schimpferei nahmen. Außerdem gab es einige freche Kommentare besonders von Seiten einer Schwester, die nichts mit Objektivität zu tun hatten.
Sehr zufrieden war ich dagegen mit meinen Mitpatienten, was aber leider nicht direkt die Qualität der Beratung wider spiegelte. Allerdings spannte sich die Situation dadurch an, dass wir zu viert auf einem Zimmer lagen, das bei aller Großzügigkeit nicht als groß zu bezeichnen wäre. nicht mal ein Tisch fand mehr dort Platz. An Erholung auf den Zimmern war fast nicht mehr zu denken. Die versprochene "Entzerrung" der Situation brachte ich als erste Patientin, die das Zimmer verließ.
Das Therapieangebot war erfreulicherweise breit gefächert, auch wenn die meisten mir nicht sehr viel brachten. Besonders positiv jedoch fielen mir die Therapeuten der Ergotherapie auf.
Am Essen war vermutlich nicht direkt etwas auszusetzen, da andere es wohl gut fanden. Allerdings scheckte und sah man in 80% der Fälle, dass man mit Fertigkost abgespeist wurde. Frühstück und Abendbrot waren verhältnismäßig ok, auch wenn ich ohne "Zufütterung" von zu Hause die Folgen noch deutlicher gespürt hätte.
Stichwort zu Hause: die Besuchszeiten waren etwas unflexibel und gerade so gelegt, dass sie in Konflikt mit anderen Therapien fielen, an denen man ja teilnehmen musste. das wurde auf einer Therapiekarte vermerkt, auf der sich alle Verpflichtungen wie z.B: der Frühsport fanden. Was diesen angeht, habe ich eine Woche lang nicht gewusst, was ich in dieser Zeit mit mir anfangen soll. man musste trotz Stationsregeln (die die Teilnahme verlangen) nicht fürchten, den angekündigten Rüffel vom Pflegepersonal zu erhalten. Man kann also diese Zeit getrost durch schlafen.
Die Therapeutengespräche waren ebenfalls keine Bereicherung. Ich trat auf der Stelle, weil der Therapeut partout nicht meine Sichtweise anhören wollte und auf deren Basis weiter beraten. Das einzige, was mich daran weiter brachte, waren die testpsychologischen Untersuchungen, die mir einen lange gehegten Verdacht bestätigten.
Bedenklich fand ich auch den lockeren Umgang mit Medikamenten. ich selbst erhielt zwar auf ausdrücklichen Wunsch keine, jedoch wunderte ich mich, wie nach viel zu kurzer Beratungszeit, bzw. Arztvisite schon Medikamente verschrieben wurden. Diese Zeit reicht kaum aus für eine detaillierte Erklärung der Wirkungsweise und der Stoffklasse des Medikaments, die für mich unbedingt zu einer fundierten beratung dazu gehören. extrem bedenklich fand ich auch, dass eine Mitpatientin, nachdem sie den Wunsch auf baldige Entlassung geäußert hatte, eine höhere Dosis an Tabletten verschrieben bekam.
Lästig, wenn auch nicht unerhört, beurteile ich die auf keinem Verdacht beruhenden Untersuchungen, die durchgeführt wurden bzw. werde sollten. Speziell, dass die Lumbalpunktion, ein Eingriff in das sensible Umfeld von Gehirn und Rückenmark, so leichtfertig auf der Diagnoseplan geschrieben wurde, kann ich nicht verstehen. Es lagen keinerlei Indikationen für körperliche Ursachen vor.
Alles in allem hat mir der Aufenthalt dort sehr wenig gebracht, allerhöchstens die Gewissheit, dass es keine Schande ist, Probleme zu haben und sie sich einzugestehen, was aber eher meinen Mitpatienten zu verdanken ist.
Ich persönlich trage aus meiner Zeit eine gewisse Angst vor Ärzten bei mir und panische Angst vor jeder Art Medikamente. Da ich auch während der gesamten Zeit dort Selbstmordgedanken hatte und diese nicht äußern konnte, weil ich Angst hatte, doch Medikamente verabreicht zu bekommen, hat es meine Angst vor Psychiatrien geschürt, die ich vorher durch die Lektüre eine Buches (ein Jugendbuch, das jedoch sehr einfühlsam die Problemlage schildert, "Verrückt vor Angst" von Jana Frey) verloren hatte. Ich empfehle diese Einrichtung definitiv nicht.
1 Kommentar
Hallo, leider muss ich meine positive obige Rezension korrigieren. Beim letzten Aufenthalt wurde mir von einer Oberärztin dringend geraten, 2024 noch einmal stationär wiederzukommen, da ich mitten in einem schwierigen Traumageschehen bin und oft Suizidgedanken habe.
Die Klinikleitung hat gewechselt und mir wäre es sehr wichtig gewesen, diese vor einem erneuten Aufenthalt kennenlernen.
Heute kam ein Brief, dass ich in der Klinik nicht mehr willkommen bin. Das macht mich sehr betroffen und wirft mich in der Therapie komplett zurück. Das mühsame Vertrauen, welches ich zum Klinikpersonal aufgebaut hatte, dadurch ist komplett verloren. Ich könnte nur weinen.