Ich kam recht frisch aus der Kriesenintervention nach Bad Dürkheim, und ja das Gebäude ist groß, die Wege lang und die erste Woche nicht wirklich schön. Viele Termine und alles ist neu und ich fühlte mich am Anfang etwas verloren.
Ich bin Schmerzpatientin durch ein seltenes Neurologisches Krankheitsbild, mit schwerst depressiven Episoden und arbeite selbst im medizinischen/pharmazeutischen Bereich und war 11 Wochen in Bad Dürkheim. Alles im allen kann ich sagen das diese Klinik das Beste war was mir persönlich passieren konnte.
Als ich ankam ging es mir einfach nur schlecht, ich war mitten in einer Episode, hatte öfters Durchbruchsschmerzen, Schlafstörrungen, verängstigt, verunsichert und war mit 8 Medikamenten als Dauermedikamtion dabei. Meine Therapiezeile habe ich erreicht unter anderem das reduzieren der Medikamente und das bessere Umgehen mit meinen Depressionen.
Am Anreisetag, wurde ich freundlich an der Aufnahme Empfangen. Kurze Zeit später von meiner Co Therapeutin abgeholt und auf mein Zimmer gebracht. Dort wurde erstmal kurz das Programm des Tages durchgesprochen und danach eine kurze Hausführung und die Zuweisung meines Paten. (Im Speisesaal gibt es extra 2 Tische für Patienten in der Anreisewoche, dort bilden sich immer recht schnell die ersten Kontakte.)
Am gleichen Tag hatte ich bereits mein erstes Gespräch/Untersuchung mit meiner Bezugsärztin/Bezugstherapeutin. Bei dieser Erstuntersuchung wird der allgemeine Gesundheitszustand plus Neurologisches Check up gemacht. Im folgenden Gespräch wurde meine psychische und physische Krankheitsgeschichte abgefragt, soweit ich wollte und Vertrauen hatte. Was ich damit sagen möchte, die Eckdaten wurden abgefragt, alles weiter wurde mir frei gestellt zu erzählen oder auch nicht. Insgesamt hatte sie sich für mich über 2 Stunden Zeit genommen.
In der ersten Woche habe ich den Standarttherapieplan bekommen, quasi zum Einleben, ab der 2ten Woche wurde der Therapieplan mit mir zusammen nach meinen Bedürfnissen zusammengestellt. Mein Standartprogramm bestanden aus den Elementen, Einzelgesprächen (3x die Woche), Sport, Entspannung, Ergotherapie in den offenen Werkstätten, Gruppentherapie (Psychosomatik Gruppe, später Problemlöse Gruppe), Großgruppe Schmerz/Depression. Individuell kam dazu Boxen, Ergotherapie einzeln, Gestaltungsgruppe, Körpererfahrung, MTT, Feldenkrais, Atemgruppe 2, Massagen, Bäder, Physiotherapie.
Das Therapie Angebot ist riesig, allerdings laufen viele Gruppen geschlossen, d.h. das niemand mittendrin mit Einsteigen kann so dass man Wartezeiten bis zu 3-4 Wochen hat. Durch Gespräche mit Mitpatienten habe ich festgestellt dass das Therapieangebot meistens nicht bekannt ist, was häufig daran liegt das niemand nachfragt hat bzw. die "die sind doch die Ärzte, sollen die es mir sagen was ich tun soll"- Mentalität vorliegt. Und ich denke das ist einer der Punkte die einen Therapieerfolg oder auch Misserfolg ausmachen.
Bad Dürkheim arbeite ganz stark mit Eigenverantwortung und Selbstfürsorge. Eines der Konzepte die der Realität am nächsten sind. Klar kann man auch die heile Therapiewattepackung haben, diese führt aber in den meisten Fällen zu keinerlei Verbesserung nach der Klinik. Nichts passiert in dieser Klinik ohne Grund, kleines Beispiel:
Burn out Patienten haben immer einen übervollen Therapieplan, meisten mit Zeitüberschneidungen, also Stress pur. Ziel hier ist es das der Patient seine Muster der chronischen Überbelastung erkennt und von sich aus sich meldet das es zuviel ist. Also seine Bedürfnisse erkennt und auch achtet.
Essgestörte bekommen kein gerichtetes Essen vorgesetzt, sie sollen ihr Mass selbst finden. Hilfe bieten dabei die Diätassistenten die an jeder Essensausgabe sind. Wer Probleme hat sein Mass zu finden kann jederzeit um Hilfe bitten. Hier kommt nun das Argument aus anderen Beiträgen dass das Essen manchmal nicht für Adipöse geeignet seih, das ist so leider nicht richtig. Ja abends gab es mal Griesbrei oder etwas anderes "mächtiges", alternativ dazu gab es aber immer Käse, Wurst, Brot, Butter, Margarine und sogar Marmelade. Es ist jedem seine freie Entscheidung was und wie viel er essen möchte. Wenn etwas nicht da war konnte man danach fragen.
(Wer eine massive Magersucht als Diagnose hat und Therapieneuling ist, ist in dieser Klinik falsch meiner Meinung nach)
Schmerzpatienten sollten von Anfang an auch ihre Bedarfsmedikation angeben, kommt es zum Bedarf kann man seine Bedarfsmedikation ohne Probleme bei der MZ abholen. Gibt man diese nicht an muss erst der Weg über den Co Therapeuten, Bezugstherapeuten gegangen werden, etwas was dauern kann.
Hat man ein Problem, egal welcher Art ist rund um die Uhr ist jemand vom Personal da. Tagsüber sind es die Co Therapeuten/Bezugstherapeuten, abends ist es die MZ. Sollte niemand im Stationszimmer sein, ist die MZ die nächste Anlaufstation. Allerdings muss man sich auch melden, allein im Zimmer sitzen und darauf hoffen das jemand das stillen Leiden erhört ist ziemlich zwecklos.
Das Essen war, dafür dass es eine Großküche ist, wirklich sehr gut und Abwechslungsreich. Die einzige Wiederholung Freitag Fisch/Vegetarisch, Samstag Eintopf und Sonntag Braten (Sonntagsessen ist immer etwas Besonderes). Seit Anfang 2008 gibt es wohl einen neuen Zulieferer. Wenn etwas aus war, wurde Nachgelegt. Auf Nahrungsallergien und Unverträglichkeiten wurde eingegangen bzw. diejenigen die es betraf bekamen teilweise vorgerichtet.
Mein Zimmer hatte ich die ersten 4 Wochen ein Doppeltzimmer im Altbau, in dem ich allerdings allein war. Die restliche Zeit hatte ich ein Einzelzimmer ebenfalls im Altbau allerdings frisch renoviert. Beide Zimmer waren sehr hell, sauber, und großzügig vom Platz. In jedem Zimmer ist ein Telefon vorhanden, das kostenlos offen ist, d.h. man kann von aussen angerufen werden ohne eine Gebühr dafür zu zahlen.
Das Therapieangebot der Klinik ist riesig, wie oben schon erwähnt lohnt es sich nachzufragen. Anders kann man auch mal eine Blick auf den “Zählzettel“ werfen die man bei Aufnahme überreicht bekommt, dort ist das gesamte Therapieangebot aufgelistet und Fragen ob das ein oder andere etwas für einen wäre kostet nichts.
Auch das Sportangebot ist sehr groß, von Fit up über Adipositas Sport über Nordic Walking, Wassergym, Zirkeltrainung, Großgruppen, regelmäßiges Wandern, Ergometer, Rückenschule, Beckenboden, Atemgym, Tai Chi/Qi Gong (was unter Achtsam in den Tag getarnt ist) usw.
Für Kreative gibt es die offenen 4 Werkstätten.
Die Holzwerkstatt, alles was mit Holz zu tun hat kann hier gebaut und gebastelt werden, vom Vogelhäuschen bis zum Weinregal.
Die Bildhauerei in der Speckstein und Ü Beton bearbeitet werden kann.
Die Papierwerkstatt in der von Buchbinden über Papierschmuck bis hin zum Fensterbild und vieles mehr gebastelt werden kann.
Das Atelier in dem Batik, Töpfern, Aquarell und Acrylmalerei angeboten wird.
Für jede Werkstatt und jede Technik gibt es wöchentlich eine Einführung.
Freizeitgestaltung:
Jeden Samstag und Sonntagabend gibt es Kino in der Klinik.
Jeden Samstag gibt es eine Stadtführung und eine Entdeckertour für die nähere Region.
Die Sporthalle ist abends und nachmittags offen zur freien Verfügung. Badminton Schläger und Federbälle, Bälle jeder Art, sowie Nordic Walking Stöcke können kostenlos geliehen werden.
Die Klinik besitzt eine eigene Kegelbahn, die abends benutzt werden kann.
Ebenso stehen 2 Billard Tische und eine Tischtennisplatte zur Verfügung.
Fast jeden Samstag gibt es einer der größten Flohmärkte der Region auf dem Salinen Parkplatz.
Jeden Abend stehen 3 Fernsehräume zur Verfügung.
Das Thermalbad ist ebenfalls jeden Abend für Klinikpatienten frei zugänglich, tagsüber zu Teamschwimmzeiten.
Das Atelier ist bis 23 Uhr geöffnet.
Das Cafe bis 17 Uhr.
Und es gibt Internet, welches allerdings überteuert ist mit 1€ für 15 min.
Die Stadt biete neben einer sehr schönen Altstadt, viele Cafes, Restaurants (unter anderem auch sehr hochwertige) und Tanzcafes die Abwechslung bieten. Ebenso der Nahe gelegene Kurpark ist sehenswert.
Das Salinarium (großes Freizeitbad) ist keine 5 min Fußweg entfernt.
Im September (jährlich 2&3 Woche) findet das größte Weinfest der Welt, der Wurstmarkt statt, das Gelände ist keine Minute von der Klinik entfernt, was bedeute in diesen 2 Wochen ist es laut!
Und als Klinikpatient bekommt man automatisch eine Kurkarte mit der es Ermäßigung z.B. im Salinarium gibt.
Personal:
Jeder ist jederzeit Ansprechbar. Freundlich, hilfsbereit und kompetent bis auf eine einzige Ausnahme. Man bekommt Feedback wenn man dieses wünscht. Ebenso wird jeder Therapieschritt besprochen. Auf Fragen wird eingegangen.
Bei einer Erkrankung (schwere Erkältung) wurde ich direkt zu einem Facharzt geschickt. Ein Termin wurde für mich gemacht ebenso wie ich per Klinikauto hingebracht und wieder abgeholt wurde. Medikamente wurden über die Klinik bestellt und ausgegeben.
Fazit:
Meinungen sind immer subjektiv. Ich kann für mich sagen dass mir diese 11 Wochen mehr gebracht haben als 2 Jahre ambulante Schmerztherapie und Gesprächstherapie. Vielleicht hatte ich einfach Glück mit meiner Ärztin und meinem Team. Vielleicht lag es aber auch daran das ich klar gesagt habe was ich möchte und was nicht, was mir etwas bringt und was gar nichts bringt.
1 Kommentar
Hallo,
ich habe vor 2 Tagen die Zusage für diese Klinik bekommen u war schon erschrocken wie negativ die meisten Leute geschrieben haben. Dennoch habe ich mir gedacht, dass ich mir sowieso immer eine eigene Meinung bilde.
Ist ja schließlich kein Urlaub da
Aber eine Frage hätte ich.
Wie sieht es dort mit Parkmöglichkeiten aus, wenn man mit Auto anreisen möchte?
Die schreiben kostenloses Parken wäre am Wurstmarktplatz" und Klinikeigene Parkplätze neben dem Weindom möglich.
Ist das direkt an der Klinik oder zumindest geschützt, dass man keine Angst haben muss, dass am nächsten Tag das Auto beschädigt oder geklaut ist?
Vielleicht kann mir jemand die Frage beantworten.
Vielen Dank schon mal im voraus.