Ich war im Januar/Februar 2009 im neu eingerichteten und hochgelobten Bauchzentrum.
Diese Klinik hatte ich mir ausgesucht, weil dort eine spezielle, aufwändige Peronealkarzinosenbehandlung angeboten wird, von der ich viel Positives gehört hatte.
Die Operation dauerte 14 Std., ich wachte in der Intensivstation auf. Und musste feststellen, dass mir mehrere Nadeln im rechten Arm, rechten Hals gelegt worden waren - obwohl ich beim Aufnahmegespräch darauf hingewiesen hatte, dass die rechte Seite wegen drohender Lymphödeme nicht "angestochen" werden darf. Noch im "Narkosedusel" versuchte ich, das Personal darauf aufmerksam zu machen -- erst nach mehreren Versuchen verstand das jemand und legte zumindest einen Zugang auf die linke Seite. Bis auf eine einzige Schwester war das gesamte Personal ziemlich nachlässig. Ich bekam sogar einen Streit mit, in dem diese Schwester jemand anderes ermahnte: "Wir müssen hier steril arbeiten, du kannst nicht etwas, was du fallen gelassen hast, einfach wieder hinlegen!"
Nach ein paar Tagen kam ich dann ins Bauchzentrum. Ich wurde in ein Zimmer geschoben, in dem außer mir niemand war. Die Schwester schloss mir zwar TV, Telefon und Notruf an,
jedoch war der Notruf so weit entfernt, dass ich ihn nicht erreichen konnte. Ich hatte Angst, rief laut, hämmerte mit einer blechernen Spuckschale auf den Nachttisch, nichts half. Nach ca. 1/2 Std. kam meine Bettnachbarin rein - die informierte dann eine Schwester.
Dann wollte man mir MCP intravenös geben, ein Mittel auf das ich extrem allergisch reagiere, was ich auch anfangs gesagt hatte. Zum Glück war meine Tochter gerade anwesend und konnte einschreiten.
Anfangs konnte ich noch nichts essen und bekam Nahrung über den Tropf, so wenig, dass ich rapide abnahm. Die Zusatznahrung wurde weiter reduziert, sobald ich Gemüsebrühe essen konnte, also nahm ich weiter ab. ich hatte bedingt durch die Op auch starken Durchfall. Als ich dann - eingeschränkt wegen dauernder Übelkeit - wieder "normal" essen konnte, bestellte ich vegetarisches Essen. Ca. jeden 3. Tag musste ich reklamieren, weil ich doch Fleisch bekam. Da die Küche ausgelagert ist (in Langen, hörte ich), konnte mir dann oft kei Ersatzessen beschafft werden. Einmal suchten die - wirklich bemühten - Schwestern mir mehrere Joghurts zusammen, die allerdings keine Alternative zu einem kalorienreichen Mittagessen waren. Ich war mittlerweile erschreckend dünn, fordert, dass ich gewogen werde, was bisher nicht passiert war. Statt meiner 52 kg bei Aufnahme wog ich nach 8 Tagen nur noch 45 kg.
Ich forderte bei der Visite Zusatznahrung, bekam dann intravenös pro Tag 300 kcal (!?), dazu mehrmals am Tag Fortimel, was ich wegen der ständigen Übelkeit nicht alles trinken konnte. Ich ließ mir von jedem Besuch kalorienreiches Essen mitbringen. Allerdings hatte ich weiter Durchfall. Also nahm ich weiter ab. Als ich mich wieder wiegen lassen wollte, teilte mir eine Schwester mit, die Waage sei kaputt.
Ich war nur noch Haut und Knochen, schaffte am Arm von Besuchern gerade noch ein paar Schritte auf dem Flur.
Dann wurde mir gesagt, ich würde entlassen und sollte ambulant noch eine Chemotherapie machen. Ich bestand darauf, noch einige Tage zu bleiben und forderte den Sozialdienst an. Ich wollte eine Anschlussheilbehandlung in einer Rehaklinik machen, um an Gewicht und Kraft zuzunehmen, traute mir in dem Zustand kein Alleinleben zuhause und schon gar keine Chemo zu.
Der Sozialdienst kam nach ein paar Tagen und weiterem Nachfragen von mir, füllte Formulare aus, ließ mich unterschreiben. In ca. 3 Wochen würde ich in eine Klinik kommen, teilte man mir mit.
Also ließ ich mich entlassen. Später musste ich dann erfahren:
- der Sozialdienst hätt eine Haushaltshilfe für mich beantragen müssen (ich lebe allein, zum Glück wurde ich von meiner Tochter und von FreundInnen versorgt!)
- der Sozialdienst hatte die Formulare falsch/unvollständig ausgefüllt, ich bekam (nach 2 Monaten!!!) eine reguläre Reha-maßnahme.
Ich habe viele Erlebnisse aufgeschrieben, und doch war das nicht alles,was ich an Mißständen erfahren habe.
Zusammenfassend kann ich sagen:
- Das Zimmer, frisch renoviert, bot den besten Komfort.
- Die StationsärztInnen wechseln ca. alle 2- 3 Monate - es sind diejenigen, die sich zu FachärztInnen ausbilden lassen, die diesen Job übernehmen, feste StationsärztInnen gibt es dort nicht, was die Kommunikation zwischen dem Personal, aber auch mit den PatientInnen erschwert.
- Oberärzte und Chefarzt waren bei Visiten immer kurz angebunden. Ich erfuhr erst im Nachhinein in der Reha, was alles "rausgenommen" wurde, was das für ernährungstechnische u.a. Folgen für mich hat (in der Reha bekam ich alle 2 Tage 1200 Kcal intravenös, Zusatzkost und Spezialessen, endlich nahm ich zu!).
- Es gab zu wenig Pflegepersonal, zudem wenige Fach- und viele Hilfskräfte. Die diensthabenden Schwestern bemühten sich wirklich, arbeiteten oft über Dienstschluss hinaus. Doch sie konnten die Mängel nicht ausgleichen.
- Zuhause habe ich mich gewogen: 39 kg!!!!
Den Verantwortlichen dieser Klinik kann ich nur sagen:
Es reicht nicht, eine Station auf Hochglanz und Hightec zu renovieren, einen Spezialisten als Operateur und Aushängeschild zu nutzen, sich dann "Bauchzentrum" zu nennen.
Auch der "Unterbau" muss stimmen, sprich festangestellte und verantwortliche Stationsärzte, ausreichend Fachkräfte UND Hilfskräfte beim Pflegepersonal.
So werden gute Leute verschlissen und verheizt!
Und PatientInnen unterversorgt und krankgepflegt!
Außerdem ist "Auslagern/Outsourcen" von Dienstleistungen wie Küche, Sozialdienst usw. vielleicht billiger, im Falle dieser Klinik aber auf alle Fälle schlechter.
1 Kommentar
Bin nun das 3. Mal in der Klinik. Personal und Ärzte sehr nett und freundlich.
Allerdings das Essen so phantasielos, morgens und abends 1 Scheibe Käse und eine Scheibe Salami. Morgens noch einen Frischkäse und eine Marmelade. Abends tatsächlich noch eine Scheibe andere Wurst und ein Kräuterquarck. Salami und Käse gab es wohl im Angebot mit ganz viel Rabatt. Zum Mittag hatte ich das Vergnügen einmal Hähnchen- und einmal Putengeschnetzeltes zu bekommen und das eine ganze Woche lang.