Das Gebäude wirkt von innen nicht direkt wie ein Krankenhaus, es ist nett eingerichtet mit Zweibettzimmern.
Es gibt zwei getrennte Seiten für jeweils 7 Patienten.
Außerdem noch einen überdachten Innenhof, das "Atrium", (zum Rauchen, Tischtennis spielen etc.) und einen Garten.
Die Station der Betreuer/Therapeuten liegt, wie die Küche (welche immer abgeschlossen wird, außer wenn Kochgruppe ist) zwischen beiden Seiten.
Alles ist sehr übersichtlich.
Auf jeder Seite gibt es einen großen Raum, umgeben von den Zimmern, welcher als Ess- und Wohnzimmer/Aufenthaltsraum genutzt wird mit Sofas, einem Telefon etc.
In einem extra Raum steht der Fernseher, an bestimmten Tagen können dort einige Kinder und Jugendliche einen Film gucken.
Es gibt auf jeder Seite zwei Badezimmer mit Dusche und zwei Toiletten.
Außerdem gibt es noch einen Ruheraum, zu welchem ich später mehr erzählen werde.
Ansonsten gibt es außerhalb der Stationen noch weitere Gruppenräume für Ergotherapie, Psychotherapie, Gespräche mit den Familien usw., welche sich im selben Gebäude befinden, allerdings von den Patienten nur zu bestimmten Zwecken betreten werden können.
Jeder Patient bekommt einen Bezugstherapeuten, d.h. der Therapeut, bei welchem der Patient die Psychotherapie-Gespräche haben wird. Ebenfalls bekommt jeder Patient zwei Bezugspersonen zugewiesen, einen männlichen und einen weiblichen. Zwei „normale“ Betreuer der Stationen, welche allerdings dem entsprechenden Patienten bei bestimmten Fragen oder privateren Dingen zur Seite stehen.
Bei der Ankunft findet zuerst ein Gespräch zwischen Patient und dem späteren Bezugstherapeuten statt. Eine der späteren Bezugspersonen ist ebenfalls anwesend.
Anschließend wird dem Patienten die Station gezeigt (sehr „klein“ und übersichtlich) und er wird in den Ruheraum geführt. Kurz vorher findet eine körperliche Untersuchung statt und eine Urinprobe muss möglichst bald abgegeben werden.
Dieser Ruheraum ist ein kleiner Raum mit einem Fenster gegenüber der Tür. Die Tür ist innen mit Gummi beschichtet. In dem Raum befindet sich meistens nichts außer einer Weichbodenmatte. Er ist Kamera überwacht.
Jeder neue Patient lernt zuerst diesen Raum kennen, dort werden ihm schon mal Regeln bekannt gegeben und ein Wochenplan. Mindestens eine Nacht muss der Patient in diesem Raum verbringen, bevor er in ein normales Zimmer umzieht. Patienten die kurz vor dem Wochenende oder am Wochenende eingewiesen werden müssen über das Wochenende im Ruheraum schlafen, da die Therapeuten am Wochenende nicht anwesend sind. Je nachdem, wie die Verfassung des Patienten ist, darf er aber tagsüber schon am Gruppengeschehen teilnehmen.
Zigaretten, Feuerzeuge, Sprüh-Deos, Ketten, Gürtel, scharfe Gegenstände jeglicher Art (Rasierer, Taschenmesser…) sowie Glasgegenstände, Geld und lange Bänder (auch Hosen, welche lange Schnüre haben, Schals, Schnürsenkel o.ä.) werden vom Personal aufbewahrt. Auch Süßigkeiten bzw. jegliche Essenssachen, die mitgebracht wurden.
Bei Patienten im Ruheraum werden ggf. auch Armbanduhren, Ohrringe oder anderer Schmuck abgenommen.
Der Tagesablauf in den Stationen ist bei jedem Patienten sehr ähnlich. Um halb acht weckt das Personal die Patienten, um acht Uhr gibt es Frühstück.
Einmal die Woche werden alle Patienten nacheinander gewogen. Ebenfalls gibt es einmal die Woche eine Kochgruppe, eine Mädchen- sowie Jungengruppe und den Fernsehabend (nach Absprache auch Karaoke wie Singstar möglich).
An Aktivitäten werden Joggen und manchmal Traumreisen, eine Art Näh-Kurs oder ggf. auch Aktivitäten außerhalb (z.B. mit Patienten der offenen Stationen), wie Fußball oder Körperwahrnehmungsgruppe angeboten / festgelegt.
Ansonsten gibt es noch die Einzelpsychotherapie, welche so gut wie täglich ca. eine Stunde stattfindet (außer am Wochenende) und Ergotherapie sowie „Schulunterricht“ mit einer Lehrerin.
Außerdem werden ggf. Aufgaben außerhalb mit der Bezugsperson erledigt, die zur Problemlösung dienen (z.B. bei Angstpatienten bestimmte Situationen/Gebäude o.ä. aufgesucht, um der Vermeidung entgegen zu wirken).
Mittagessen, „Kaffeetrinken“ und Abendessen findet, genau wie das Frühstück, gemeinsam in der Station statt. Beim „Kaffeetrinken“ dürfen auch in Maßen die mitgebrachte Süßigkeiten gegessen werden.
Nach den Mahlzeiten durften 16-Jährige mit Einverständnis der Eltern eine Zigarette im Atrium rauchen, immer nur eine Person, d.h. nacheinander. Wobei das mittlerweile wohl nicht mehr möglich sein wird, da das Rauchen ja nur noch ab 18 gestattet ist. Das Feuer wurde vom Personal gegeben.
Bevor ein Patient mit einer Gruppe (und Betreuer) rausgehen darf (entweder ganz raus, oder auch in den Garten), muss er zuerst mit einer der Bezugspersonen alleine raus gegangen sein und sich dort „gut“ benommen haben. Ab wann dieser Ausgang allerdings genehmigt wird, entscheidet der Bezugstherapeut.
Nach erfolgreichem Ausgang mit Betreuern darf der Patient, mit Absprache des Therapeuten, auch für einige Stunden am Wochenende nach Hause. Bei erneuter Ankunft in der Station wird er als allererstes von einem Betreuer (Mädchen von einer Frau, Jungen von einem Mann) durchsucht, sprich: muss sich bis auf die Unterwäsche ausziehen und die Kleidung wird abgetastet.
Da es eine geschlossene Station ist, sind die Türen nach draußen natürlich abgeschlossen. Die Türgriffe innerhalb der Zimmer sind rund, sodass es schwieriger ist, sie wieder zu öffnen als rein zu kommen (was gerade für das Personal für den Ruheraum wichtig ist).
Jungen und Mädchen sind gemischt auf den Stationen, auch das Alter ist verschieden bis höchstens 18 Jahre und die Störungsbilder sowieso. Ab 18 werden die Patienten auf eine Erwachsenenstation verlegt.
Der Ruheraum, ein Ort des Schreckens.
Dieser Raum wird auch für Patienten mit Suizidgedanken, Selbstverletzungsgefahr oder bereits der Handlung und akut fremd gefährdende Patienten genutzt.
Sprich: Tickt ein Patient aus oder hat gefährdende Gedanken, wird er, ob er will oder nicht, in diesen Raum befördert.
Warum ein Ort des Schreckens? Weil du isoliert bist, gefangen und beobachtet. Wie lange du in dem Raum bleiben musst, entscheidet dein Bezugstherapeut. Eine Patientin, die stark fremd gefährdend war (dauernd Ausraster bekommen hat) musste Wochen in dem kleinen Raum bleiben. Sie durfte nach und nach für ein paar Stunden raus – sobald sie wieder ausrastete, fing alles wieder von vorne an. Aber das ist noch längst nicht das Schlimmste. Es gibt schließlich noch ein Fixierbett, auf welches man festgegurtet wird, wenn man sich zu schlimm verhält. Und es gibt Medikation, die dich im wahrsten Sinne des Wortes „wegballert“.
Ich durfte einen 13-jährigen Jungen kennen lernen, welcher auch öfter mal Ausraster hatte. Irgendwann fand ich ihn in einem Sessel zusammen gesunken, zugedröhnt mit Beruhigungsmitteln, sodass er nicht mal mehr seinen Arm heben konnte. Alle sahen ihn. Ein grausamer Anblick.
Allgemein war es „nicht schön“, um es gelinde auszudrücken. Tickt jemand aus und muss in den Ruheraum, werden alle auf die Zimmer geschickt. Nachher ist alles wie zuvor – nur einer fehlt. Du hörst seine Schreie, sein Klopfen an die Wände etc. ….
Ich musste miterleben, wie ein 8-jähriger Junge, der aufgrund von Schuleschwänzen (und evtl. noch anderen Dingen, die ich nicht weiß) auf der Station war, abends nicht ins Bett wollte und nach einiger Zeit von Betreuern in den Garten gezerrt und dort für ein paar Minuten ausgesperrt wurde. Das war ihre Methode, ihn ins Bett zu bekommen.
NIE WIEDER werde ich dort einen Fuße reinsetzen, geht auch zum Glück nicht mehr da ich bereits volljährig bin. Jedem, der sein Kind dort reinstecken will, rate ich dringlich ab. Es kann so grausam dort sein!
An Personal gibt es dort einige Betreuer (Erzieher, (Kinder-)Krankenschwestern, Heilerziehungspfleger), drei Psychotherapeuten (ein Mann, zwei Frauen) von denen zwei auch Ärzte sind, einen Ergotherapeuten, die Stationsleitung sowie Stellvertretung, welche allerdings auch als Betreuer fungieren, eine Sozialarbeiterin und eine Lehrerin.
Jeden Tag sind auf jeder Station zwei Betreuer anwesend, d.h. insgesamt vier Betreuer, die in brenzligen Situationen auf der jeweiligen Station eingreifen.
Das Personal hat einen Pieper an der Hose, wo nur ein Bändchen gezogen werden muss, schon kommt Verstärkung von anderen Stationen und ist innerhalb von Minuten vor Ort.
Das Essen ist Krankenhausessen, nichts besonderes.
Es können auch Kinder und Jugendliche im Rollstuhl aufgenommen werden.
Das Personal ist weitestgehend nett, die Behandlung auch nicht schlecht, wobei die weiter oben genannten Methoden dieses „nicht schlecht“ so weit runter ziehen (finde ich), dass der Aufenthalt dort mehr traumatisieren kann als alles andere.
Noch Fragen?
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Dieser Bericht gehört eigentlich in die Rubrik Kinder- und Jugendpsychatrie Station 20.