In der gesamten Klinik sind die Mitarbeiter unterbesetzt und überarbeitet.
Alles weitere hier geschriebene betrifft die geschlossene Psychiatrie in dieser Klinik.
Vorweg möchte ich sagen, dass ich über meine Erfahrungen, die zum grössten Teil schlechter Natur sind, ein ganzes Buch schreiben könnte.
Aber hier nur ein kurzer Auszug:
Ich war erst auf der offenen, da ich nur unter mittleren Depressionen litt und keine Gefahr für mich und andere darstellte. Nachdem ich aber dann doch einen Suizidversuch unternahm, wurde ich auf die geschlossene verlegt. Erste Aktion dort: Ruhigstellung in Form von starken Medikamenten (was dort meiner Erfahrung nach Standart ist) und Fixierung ans Bett (wegen des Suizidversuchs).
Circa 60% der Patienten dieser Station während meines Aufenthalts mussten das Medikament Tavor einnehmen. Was bekannt dafür ist, dass es über längere Zeit und in hohen Dosen angewandt abhängig macht. Auch ich habe dieses Medikament nehmen müssen, täglich drei mg und das während meines gesamten Aufenthaltes. Ich war ca. fünf Monate dort. Da es mir einen unangenehmen Rausch bescherte, habe ich es eines Tages nicht nehmen wollen. Das führte dazu, das ich die Pflegerin angeschrien habe. Promt tauchten drei weitere Pfleger auf, die mich festhielten, die andere drückte mir das Medikament in den Mund und grinste dabei (!). Darauf folgte eine weitere Fixierung für die nächsten fünf Stunden.
Ich lernte dort eine Frau kennen, total verwirrt, ich dachte erst, sie wäre grade erst gekommen, hörte dann aber von ihren Angehörigen, dass sie bereits neun Monate da war! Und es hatte sich noch keine nennenswerte Besserung eingestellt.
Eine andere Frau, die ich kennenlernte, war eine Borderlinerin. Ein Symptom dieser Krankheit ist selbstverletzendes Verhalten. Fast täglich schlug sie ihren Kopf gegen die Wand. In einer anderen Klinik, in der ich später behandelt wurde, wurde solches Verhalten mit Time-Out "bestraft". Dabei wird die betroffene Person zwei Stunden in einem ganz normalem Raum (sprich mit Tisch und Stühlen) mit einem Fragebogen zu den Gründen und Änderungsmöglichkeiten allein gelassen. Danach darf sie sich wieder frei bewegen. Das ist die übliche Art, wie ich sie später kennengelernt habe. In Haselünne aber wurde die Patientin erstmal mit einer Extraportion Medikamenten und Fixierung ruhiggestellt. Erst dann wurden die Wunden behandelt.
Hier noch ein paar Informationen zu den Gebäuden: In dem Jahr, in dem ich dort in Behandlung war, wurde ein neues Gebäude eröffnet. Es ist wirklich sehr stylisch, kompliment. Wenn man aber bedenkt, dass es sich hierbei um eine Psychiatrie handelt, hat es den Zweck allerdings verfehlt. Auf der Homepage steht, dass alles sehr hell ist. Das liegt daran, dass die Fronten fast komplett aus Glas bestehen. Dass heisst, man befindet sich in einem Aquarium. Auf dem Präsentierteller. Besuchern auf dem Parkplatz können Sie zuwinken. Innen hält sich alles in Grau. Genau die richtige Farbe für Depressiv erkrankte. Die geschlossene Station befindet sich hier im Erdgeschoss. In der Mitte gibt es einen Innenhof im asiatischen Stil, der eigentlich dafür gedacht ist, den sonst Eingesperrten einen Freigang zu gewähren. Was aber nicht immer möglich ist, denn hier bestimmen die Pfleger, wann und vor allem für wen die Türen nach Frischluft geöffnet sind. Im großen und ganzen habe ich das Gefühl, das Geld, das in das neue Gebäude gesteckt wurde, wurde beim Personal und ihrer fachlichen Ausbildung abgezogen.
Eine weitere Sache, die mich sehr stutzig gemacht hat, war ein Patient, den ich dort kennengelernt habe. Ganz unverfroren erzählte er mir, dass er sehr gut mit dem behandelnden Chefarzt befreundet sei, und der Arzt ihm ermöglicht hat früher in Rente zu gehen. Und das geht so: Erst mal Drei Wochen Aufenthalt auf einer geschlossenen Station, dann Bewertung höchstpersönlich vom Chefarzt abholen, denn man ist ja für ewig arbeitsunfähig erkrankt, und zuguterletzt Rente beantragen. Ich habe übrigens häufiger gesehen, dass Herr Dr. Chefarzt dem Patienten einen kleinen Privatbesuch abgestattet hat.
Naja, so läuft das da halt. Wenn es sie interessiert, wie ich letztendlich da rausgekommen bin, lesen Sie ruhig noch weiter.
Ich bin irgendwann komplett durchgedreht. Vor meinem Aufenthalt war mir schon alles zuviel. Meine Gedanken zuletzt waren nur noch wie ich das alles verdient habe. Und nach meinem ersten Suizid sind noch einige auf der geschlossenen Station gefolgt. Insgesamt waren es vier. Die Angestellten konnten nichts damit anfangen, hatte man das Gefühl. Nach meinem letzten Suizidversuch wurde ich noch stärker stillgelegt. Ich bekam eine Spritze und schlief sofort ein. Als ich aufwachte, bafand ich mich im LKH Osnabrück (heute Ameos-Klinik) und stellte fest, dass ich bereits zwei Tage dort war. Was für ein Mittel mir gegeben wurde ist bis heute unklar. In Osnabrück wurde mir dann aber richtig geholfen; meine Depressionen wurden behandelt, meine neu aufgetretenen Ängste so gut es eben ging (ich leide heute noch darunter), und vor allem meine Sucht nach dem Medikament Tavor.
Hier möchte ich Ihnen dringend ans Herz legen, sich nicht in die Psychiatrie des St. Vinzenz Hospitals einweisen zu lassen oder, wenn Sie aus anderen Gründen dort gelandet sind, sich umgehend in eine andere Klinik überweisen zu lassen! Viele haben dort schlimme Erfahrungen gemacht, es handelt sich hier fast um ein Provinz Krankenhaus, das auf dem Stand von vorgestern ist! Es gibt viel bessere Kliniken in Deutschland, in denen Sie eine bessere Behandlung und Ihre Menschenrechte bekommen.
Meine Erfahrungen belaufen sich ausschliesslich auf die Psychiatrische Einrichtung dort, was sich in der somatischen abspielt ist mir nicht bekannt.
1 Kommentar
Sehr geehrte*r Depri8,
Es tut uns sehr leid, dass Sie sich bei uns nicht wie gewünscht behandelt gefühlt haben und Sie mit einem unguten Gefühl nach Hause gegangen sind. Dennoch weisen wir entschieden zurück, dass in unserem Haus frauenfeindliche Mitarbeiter*innen tätig sind. Wir wünschen Ihnen weiterhin alles Gute.
Ihr Team der Niels-Stensen-Kliniken St.-Vinzenz-Hospital Haselünne