Offenbar melden sich hier überwiegend diejenigen zu Wort, die nicht weiter gekommen sind.
Sie geben mir Anlass, meine Erfahrungen zu teilen. Wie ich es in der Klinik eigentlich nicht gelernt habe, möchte ich mich zuallererst zum Kontra äußern. Was mich genervt hat, sind nörgelnde Mitpatienten, die offenbar egal wo sie hinkommen, immer nur sehen, was ihnen nicht gefällt und für alles, was ihnen missfällt, anderen die Verantwortung geben. Oft scheint es die Konfrontation mit der Realität oder der Blick in den Spiegel zu sein. Später wundern sie sich dann über ihre Ohnmacht, für die sie gleich wieder irgendjemandem, der ihnen über den Weg läuft, die Verantwortung geben. Ein kleiner Trost war, von anderen Mitpatienten zu hören, dass das Rauchereckengenörgel in anderen Einrichtungen noch größere Ausmaße annimmt. Ich will meine Klage mit den Worten einer meiner Vorredner schließen: immer diese augezumentalität da hilft nur augen zu und durch.
Lobend hervorheben möchte ich die Wertschätzung und Akzeptanz, mit der mir in der Klinik begegnet wurde. Als ich Anfang des Jahres nach Dormagen kam ging es mir echt dreckig. Die letzten Jahre ist so ziemlich alles schief gelaufen und ich musste einsehen, woran es gelegen hat. Das einzige, woran ich mich halten konnte war die Erkenntnis, so wie bisher geht es nicht weiter. Nur wie es weiter gehen sollte, wusste ich nicht. Es gab nichts mehr worauf ich stolz sein konnte und meinen Selbstwert konnte man im Keller suchen. Es gab niemanden, aber absolut niemanden in der Klinik, der mir das Gefühl gab, ein Looser zu sein. Vom Empfang über die Verwaltung bis hin zu den Therapeuten und Ärzten, ja sogar das Küchenpersonal ging freundlich und respektvoll mit mir um.
Es mag an der Grundhaltung der Mitarbeiter oder am Konzept der Einrichtung liegen, die uns Patienten maximale Freiheit lässt, dass ich mich mit Neugier und Interesse dem öffnen konnte, was es zu lernen gab. Ich habe viel über die Erkrankung gelernt, über meine Erkrankung, die Alkoholabhängigkeit. Ich schreibe dies hier, einige Monate nach meiner Zeit in Dormagen und kann heute sagen, es ist gar nicht so schwierig, wenn man es einmal kapiert hat. Was ich vor allem gelernt habe ist, und das ist wohl der Grund für meinen Erfolg und meine Zufriedenheit, dass die Verantwortung für mein Leben weder bei meiner Frau noch bei meinem Chef oder etwa bei meinen Kindern oder sonst wo liegt sondern einzig allein bei mir selbst. Es hat mir nicht immer geschmeckt, was ich mir von meiner Therapeutin anhören musste, aber ohne die Offenheit, die Direktheit und den Mut, mit dem mir begegnet wurde, wäre ich heute wohl nicht dort wo ich bin. Ich bin sehr dankbar für die Zeit und das, was ich in den Wochen in Dormagen erfahren durfte.
Zur Medizin: Ich wusste gar nicht, dass es Ärzte gibt, die zuhören können und einen Zusammenhang zwischen meinem Befinden und meiner Erkrankung sehen. Bisher hatte ich immer den Eindruck, mein Hausarzt meint, ich sei ja selber Schuld an meiner Sauferei und deren Folgen, auch wenn er es nie so deutlich ausgesprochen hat. Okay, es könnte auch an meiner Fahne gelegen haben und daran, dass er mich mal wieder wider Willen krank schreiben sollte.
Eins noch: Die Unterbringung und das Essen sind erstklassig für ein Krankenhaus. Wäre das Hotel so hervorragend geführt worden, wäre es mit Sicherheit nicht Pleite gegangen. Besonders gefallen hat mit auch die Nähe zu Köln.
1 Kommentar
Bezüglich deiner Erfahrung „wer außer Sucht seine Psyche behandeln will ist hier fehl am Platz“ kann ich nur unterschreiben. Habe diese Erfahrung auch machen müssen. Viel Versprochen auf der Webseite, aber die Realität ist nur Schall und Rauch.