Ich bin mit schweren Depressionen und Essstörungen in die Klinik Roseneck gekommen, auf eine Allgemeine Station, wo es auch Patienten mit allerlei anderen Problemen wie u. A. Burnout, Tinnitus etc. gab. Als Privatpatient hat man ein schönes Zimmer und das Essen war auch sehr gut. Leider hört das Positive da bereits auf.
Ich war insgesamt 3 Monate in der Klinik, hatte insgesamt 3 verschiedene Bezugs- d.h. Haupttherapeuten und war auf einer Allgemeinen sowohl als auch auf einer Essgestörtenstation. Ich habe so allerlei Erfahrungen gemacht und kann ausführlich über sämtliche Bereiche der Klinik berichten.
Die Therapeuten
Allgemein sind die Therapeuten alle sehr nett, aber es basiert auf Glück wen man letztendlich als Bezugstherapeuten erwischt. D.h. man kann sich nicht aussuchen, wen man am Ende abbekommt und muss sich, außer es gibt gravierende Gründe, mit dem zufrieden geben, den man bekommt.
Mein Therapeut war Arzt- erst dachte ich juhuu, wenn der Arzt ist, dann versteht der bestimmt viel von Psychiatrie, Medikamenten und Psychologie allgemein. Aber weit gefehlt, er war kein Psychiater sondern Arzt für Innere Medizin, der sich, wie ich später erfahren durfte "für Psychologie interessierte und es mal mit dem therapieren probieren wollte". Hört sich vielleicht ganz nett an, allerdings brauchte ich einen erfahreneren Therapeuten, der sich wirklich auskennt. Am Ende hatte ich mit ihm sehr nette Gespräche, allerdings kam dabei nichts herum. Natürlich kann man auch Glück haben, und einen von den "besseren" Therapeuten bekommen. Es ist reiner Zufall.
Die Therapie
Vieles in der Klinik basiert auf Gruppentherapie. Es gibt u. A. Gruppe für Soziale Kompetenz, Zwangsbewältigung, Depressionsbewältigung, eine Skills Gruppe für Borderliner, Tinnitusbewältigung, Stressbewältigung, Bewegungstherapie etc. Man wird von seinem Therapeuten in Gruppen gesteckt und kann dann zusammen mit anderen an seinen Problemen arbeiten. Viele Leute sind nicht die Gruppentherapietypen, denen würde ich dringend von dieser Klinik abraten, denn man muss an der Allgemeinen Gruppe 3x wöchentlich teilnehmen. Keine Extrawürste hier. Einzeltherapie findet wöchentlich 2x für 50 Minuten statt, was ich als zu wenig empfunden habe, was auch wohl zu meinem langen Aufenthalt beigetragen hat.
Man kann sich außerdem noch für Ergometerfahren, Frühsport, Gymnastik, Wassersport etc. eintragen.
Meine persönliche Therapie verlief wohl nicht so gut, weshalb ich zweimal zu einer Supervision, d.h. zu einem Treffen mit dem gesamten Team gebeten wurde. Mir wurden meine Probleme als meine eigene Schuld eingeredet mit dem Verweis, ich sei nicht therapiebereit, was auch immer das heißen mag. Mir wurde nur gesagt, was ich alles nicht machen soll, ohne mir Alternativen aufzuzeigen. Dann gibt es da noch die Co-Therapeuten, an die man sich 24 am Tag wenden kann. Ich bin einige male dort gewesen, mir wurde aber immer nur gesagt, dass man mir nicht helfen könne, da die Cotherapeuten mich nicht wirklich kennen und ich das doch lieber mit meinem Bezugstherapeuten im nächsten Einzel klären muss. D.h. wenn man Probleme außerhalb der Einzeltherapien hat, die nur 2 mal wöchentlich stattfinden, hat man Pech gehabt.
Die Therapeuten lieben es außerdem, noch weitere Krankheiten zu diagnostizieren. Ich kam mit Depressionen und Essstörungen in die Klinik und habe die Klinik zusätzlich noch mit Borderline Störung, emotional instabil, suizidgefährdet und mit Zwangsstörungen verlassen, von denen, nach 3 Monaten in „Freiheit“ nichts mehr übrig ist.
Ich war von der Therapie im Allgemeinen wirklich sehr enttäuscht, und bräuchte wahrscheinlich 3 weitere Jahre Therapie, nur um die 3 Monate Therapie in Roseneck zu verarbeiten, so traurig das auch klingen mag.
Dazu sei aber gesagt, dass es wirklich darauf ankommt, weswegen man in die Klinik kommt. Traumapatienten und Patienten mit Depressionen oder Borderline werden es schwerer haben als Tinnitus oder Burnout Patienten, die in der Regel kürzer bleiben und bessere Erfolge erzielen, so meine Erfahrung.
Als Privatpatient hat man dann noch die sogenannten Chefeinzelgespräche, in denen man dem Chefarzt 15 Minuten lang zuhören darf, während der Bezugstherapeut nur dabeisitzt und dem Chef zunickt. Eine gute Gelegenheit für die Klinik teuer mit der Krankenkasse abzurechnen. Diese Gespräche waren absolut sinnfrei.
Medikamente
Ich habe eine Ladung Medikamente verschrieben bekommen, von Antidepressiva über Seroquel bis hin zu Benzos. Heute nehme ich keine dieser Medikamente mehr. Sie haben nichts gebracht, weder die Antidepressiva noch sonstige von diesem Schmarrn. Hat man allerdings eine Depression, so wird man provisorisch auf Antidepressiva gesetzt, also sollte man darauf vorbereitet sein.
Seroquel, ein Neuroleptikum, wird auch sehr oft verschrieben und von vielen Patienten benutzt, um sich einfach nur zu betäuben, vor allem am Wochenende, da das Therapieangebot da nonexistent ist. Man hört ja oft das zuviele Medikament verschrieben werden, in dieser Klinik kann man sich fast alles verschreiben lassen bzw. bekommt man fast alles verschrieben.
Die Zimmer
Die Zimmer sind auf den Privatstationen auf Station C als auch auf Station A sehr schön, besonders die Einzelzimmer. Sie haben jeweils eine eigene Waschzelle und als Privatpatient bekommt man kostenlos Wireless Internet im Haus C, im Haus A gibt es kein wireless Internet, aber man kann rüberlaufen in die Cafeteria um dort das Internet zu nutzen.
Essgestörtenstation
Gegen Ende meines Aufenthaltes wurde ich auf die Essgestörtenstation übergesiedelt, teilweise weil meine Therapeuten an mir verzweifelten, aber auch weil ich ein Binge-Eating Problem hatte. Auf der EGStation herrschen strenge Regeln: Man muss zum Essen erscheinen und darf sich nur einmal pro Woche abmelden. Unter der Woche sitzt mittags immer ein Therapeut mit am Tisch, der einen penibel beim Essen beobachtet und nach der 50 minütigen Mahlzeit den Essstil jedes einzelnen kommentiert. Ob man zu langsam, zu schnell gegessen hat, ob man zuviel geredet hat und bla bla bla. Man darf pro Mahlzeit nur ein Glas Wasser trinken. Außerdem muss man pro Tag 35gr Butter essen, wobei es egal ist, ob man Adipositas oder Magersucht hat. Und Brot und Brötchen MUSS man zweimal täglich essen, was mir schon nach einer Woche zum Hals raushing, nach der ich die Essgestörtenstation auch wieder verlassen habe.
Zickenterror gab es auch, da man immer gemeinsam am Tisch anfangen muss und die Mitpatienten einen schön beäugen, ob man auch alles aufisst und einem im Fall der Fälle bei den Therapeuten verpfeifen. Wer also schon lange aus der Grundschule raus ist, wird sich wohl daran gewöhnen müssen, dass die Dinge wieder wie im Kindergarten ablaufen.
So, jetzt habe ich euch genug gelangweilt, aber ich wollte doch meine Erfahrungen hier hinterlassen, einfach um nachfolgende Generation von Patienten wissen zu lassen, was so abgeht.
Ach ja, wenn man mir heute nochmal anbieten würde, in die Klinik Roseneck zu gehen, würde ich dankend ablehnen.
1 Kommentar
Liebe/r „Petra243“,
für Ihre positive Bewertung und Ihre Zufriedenheit mit Ihrem Aufenthalt in der Schön Klinik Roseneck möchten wir uns herzlich bedanken. Besonders freuen wir uns über Ihre positive Rückmeldung zu unserem Therapiekonzept, der Unterbringung und unserem Speiseangebot. Gerne geben wir Ihr Feedback an unser gesamtes Team weiter.
Wir wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute!
Ihre Schön Klinik Roseneck